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OLG Celle: Welche Fehler kann man bei der Formulierung einer Unterlassungserklärung machen?

Keine Anerkenntniswirkung einer Unterlassungserklärung

(OLG Celle, Urteil vom 15.11.2012, Az.: 13 U 57/12)

Das OLG Celle hat mit Urteil vom 15.11.2012 entschieden, dass durch Unterzeichnung einer strafbewehrten modifizierten Unterlassungserklärung – auch wenn diese vorbehaltlos erfolgt – nicht automatisch die Verpflichtung begründet wird, dem Gegner die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

Dem zu entscheidenden Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Klägerin war die Betreiberin mehrerer Praxen für Podologie in Hannover. Die Beklagte betreibt ebenfalls in Hannover eine Praxis als Fußpflegerin. Sie warb für ihre Tätigkeit mit dem Tätigkeitszusatz „medizinische Fußpflege“. Die Klägerin sah in der Verwendung dieser Bezeichnung durch die Beklagte eine Irreführung und einen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG). Sie mahnte die Beklagte deshalb mit anwaltlichem Schreiben ab. Die Beklagte reagiert hierauf mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Einen Vorbehalt, wie beispielsweise die Formulierung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ enthielt die Erklärung nicht. Die von der Gegenseite geltend gemachten vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten zahlte die Beklagte nicht.

Die Klägerin machte diese daraufhin im Klageweg vor dem Landgericht Hannover geltend.

Dieses gab der Klage mit der Begründung statt, die Beklagte habe mit Abgabe der strafbewehrten und vorbehaltlosen Unterlassungserklärung die Abmahnung als rechtmäßig anerkannt. Mit dem Einwand, dass ein Wettbewerbsverstoß gar nicht vorliege und die Abmahnung damit unberechtigt sei, wurde die Beklagte nicht mehr gehört. Denn die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung habe keinen Vorbehalt enthalten, dass mit ihr die Rechtmäßigkeit der Abmahnung nicht anerkannt werde. Daher habe die Beklagte auch die für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten zu begleichen.

Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Sie berief sich auch weiterhin darauf, dass die Abmahnung nicht gerechtfertigt sei, weil kein Wettbewerbsverstoß ihrerseits vorliege. Für eine unberechtigte Abmahnung schulde sie keine Rechtsanwaltskosten. Insbesondere habe sie mit Unterlassungserklärung nicht bestätigt, dass sie die Rechtmäßigkeit der Abmahnung anerkenne.

Die Klägerin hingegen blieb bei ihrer Meinung, der Beklagten sei der Einwand, es fehle bereits an einem Wettbewerbsverstoß, abgeschnitten. Sie sei daher zur Zahlung der Kosten verpflichtet.

Das OLG Celle schloss sich der Argumentation des Landgerichts und der Klägerin im vorliegenden Urteil nicht an und wies die Zahlungsklage ab.

Nach Ansicht des OLG Celle war die Beklagte vorliegend nicht gehindert, sich auf die Unrechtmäßigkeit der Abmahnung zu berufen. Deshalb sah sich das OLG veranlasst, das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes und damit die Rechtsmäßigkeit der Abmahnung zu überprüfen. Da diese Prüfung nach Ansicht des Gerichtes ergab, dass ein Wettbewerbsverstoß nicht vorliege, wurde konsequenterweise auch die Zahlungspflicht der Beklagten verneint.

Das OLG führt in seiner Urteilsbegründung aus, dass bei Abgabe einer Unterlassungserklärung, auch wenn diese ohne einem Vorbehalt (beispielsweise „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“) erfolge, nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden kann, dass damit auch das Verhalten aufgrund dessen die Abmahnung erfolgte von dem Unterzeichnenden als rechtswidrig anerkannt werde.

Zur Begründung stützt sich das OLG Celle maßgeblich auf den Zweck einer Unterlassungserklärung. Dieser sei in erster Linie darauf gerichtet, ein drohendes gerichtliches Verfahren über die Zulässigkeit des abgemahnten Verhaltens zu verhindern. Es gehe also lediglich darum, die sogenannte Wiederholungsgefahr zur Vermeidung eines weiteren gerichtlichen Verfahrens entfallen zu lassen. Zudem können weitere Gründe vorliegen, die den Abgemahnten zur Abgabe einer Unterlassungserklärung veranlassen. Beispielsweise könne es sein, dass der Abgemahnte an der Frage, ob er zur Unterlassung verpflichtet ist, lediglich ein geringes Interesse hat, weil er das abgemahnte Verhalten ohnehin nicht fortsetzen will. Weiterhin kann Motiv für die Abgabe einer Unterlassungserklärung die Minimierung des Kostenrisikos eines gerichtlichen Verfahrens über den Unterlassungsanspruch sein. Daraus folgt laut dem OLG Celle, dass die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung nicht dahingehend verstanden werden kann, dass der Abgemahnte die Abmahnung auf für berechtigt hält und eine Kostentragungspflicht anerkennt. Eine Unterzeichnung könne auch erfolgen, obwohl sich der Schuldner sicher ist, sich rechtmäßig verhalten zu haben.

Dies gilt unabhängig davon, ob die Unterlassungserklärung mit einem Vorbehalt wie beispielsweise „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder vorbehaltlos abgegeben wurde. Gemäß dem OLG Celle bedarf es einer Klarstellung der Reichweite der Unterlassungserklärung grundsätzlich nicht, da ein Schweigen im Regelfall keine Rechtspflichten begründe. Die von der Beklagten unterschriebene Unterlassungserklärung enthielt keinerlei Aussagen zu der Berechtigung der Abmahnung oder einer Kostentragungspflicht. Sie war ausschließlich auf die Zukunft gerichtet.

Fehlerquellen bei der Formulierung von Unterlassungserklärungen

In vorliegendem Fall hatte die Abgemahnte Glück. Das OLG Celle konnte ihr deshalb „helfen“, weil in der von ihr unterschriebenen Unterlassungserklärung keine Formulierung enthalten war, mit der Sie den angeblichen Rechtsverstoß eingeräumt oder ihre Zahlungsverpflichtung anerkannt hatte. Hätte Sie eine von der Gegenseite mitgesandte Unterlassungserklärung unterschrieben, wäre die Angelegenheit unter Umständen anders ausgegangen.

Bei solchen vorformulierten Unterlassungserklärungen ist Vorsicht geboten. Nicht selten enthalten diese vorformulierten Erklärungen eine Ziffer, in der festgehalten ist, dass der Unterzeichnende sich nicht nur zur Unterlassung, sondern auch zur Kostenerstattung verpflichtet oder zumindest einräumt, für die angebliche Rechtsverletzung verantwortlich zu sein. Kommt es nach Unterschrift einer solchen Erklärung zur Rechtsstreitigkeiten, kann hieraus sicherlich leichter die Verpflichtung zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten konstruiert werden, ohne dass es auf die Berechtigung der Abmahnung noch ankommt.

Zwar lag dem Urteil des OLG Celle eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zu Grunde. Die dort getroffenen Aussagen sind jedoch auf Unterlassungserklärungen in sämtlichen Rechtsgebieten übertragbar. So ergibt sich beispielsweise bei urheberrechtlichen Abmahnungen dieselbe Problematik.

Das OLG Celle hat die Revision gegen das Urteil vom 15.11.2012 zugelassen. Wahrscheinlich wird sich also der Bundesgerichtshof mit der Frage der Anerkenntniswirkung einer (vorbehaltlosen) Erklärung zu beschäftigen haben.

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