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Schadensersatz für Internet-Ausfall

In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH zum erneuten Male Verbraucherrechte gestärkt und das allgemeine Schuldrecht im Sinne der technischen Entwicklung ausgelegt. Mit Urteil vom 24.01.2013 (Az. III ZR 98/12) hat der III. Zivilsenat einen Schadensersatzanspruch für den Ausfall eines Internet-Anschlusses dem Grunde nach bejaht.

Geklagt hatte ein Kunde, dessen DSL-Anschluss für gut zwei Monate nach einer fehlerhaften Tarifumstellung auf Seiten des beklagten Providers nicht nutzbar war. Dem Kläger fiel dadurch nicht nur der Internetzugang aus, sondern gleichzeitig auch der über denselben Anschluss abgewickelte Telefon- und Faxverkehr. Infolgedessen wechselte er zu einem anderen, teureren Anbieter und versuchte zunächst vor dem Amtsgericht Montabaur und später vor dem Landgericht Koblenz erfolglos, sowohl die ihm durch den Wechsel entstandenen Mehrkosten, als auch Schadensersatz von pauschal 50 € täglich für die entgangene Möglichkeit der Internetnutzung einzuklagen. Bis zu dem Urteil des Bundesgerichtshof sind dem Kläger lediglich 457,50 € für die entstandenen Mehrkosten sowie die durch den Ausfall des Festnetzanschluss bedingten erhöhten Mobilfunkkosten zugesprochen worden.

Das Urteil ist von besonderer Bedeutung, weil es im ohnehin schon durch starke Einzelfallrechtsprechung geprägten Bereich des Schadensersatzrechtes angesiedelt ist. Gerade dadurch erhält es auch seine hohe Praxisrelevanz, denn die Frage, ob ein Schaden tatsächlich in Geld bemessen werden kann, und wenn ja, in welche Höhe, ist regelmäßig von besonderer Bedeutung für den Betroffenen. Das deutsche Schadensersatzrecht ist dabei von dem Gedanken geprägt, dass der Schaden zwar einerseits gänzlich ausgeglichen werden soll, der Geschädigte aber auch nicht besser gestellt werden soll, als er vorher stand. Dementsprechend bemisst sich der Schaden in der Differenz zwischen dem Zeitpunkt vor und nach dem schädigenden Ereignis. Dieses Prinzip kann aber nicht immer streng aufrechterhalten werden – Schwierigkeiten entstehen beispielsweise dann, wenn sich der Schaden nicht unmittelbar in einer in Geld messbaren Form niederschlägt. Wie will man etwa den Wert einer Nutzungsmöglichkeit bemessen? Welchen Verlust erleidet derjenige, der seinen PKW drei Tage lang nicht nutzen kann? 

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage schon vor langer Zeit beantwortet und über die Jahre seine Rechtsprechung entsprechend fortgeführt. In engen Grenzen bejahen deutsche Gerichte einen Nutzungsausfallschaden dann, wenn das betroffene Wirtschaftsgut für den Einzelnen von so großer Bedeutung ist, dass sich die "Funktionsstörung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt". Das wird beispielsweise angenommen für den eigenen PKW, das eigene Wohnhaus, die Wohnung (samt Möbeln), den Fernseher und seit einiger Zeit auch für den Computer – und nun eben auch für das Internet. Dessen Nutzbarkeit sei nämlich, so der Senat, "ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist." Es stelle "weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung", befriedige dabei "verschiedenste qualitative Ansprüche", ersetze "wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen" und ermögliche schließlich "den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke".

Die Verdrängung anderer Medien zeigt sich unter anderem auch darin, dass der Senat einen Schadensersatz für den Ausfall des Faxanschlusses verneint hat. Dieser Art der Kommunikation wird nämlich "zunehmend durch die Versendung von Text- und Bilddateien

mit elektronischer Post verdrängt". Der Telefonanschluss ist im Übrigen dem Grunde nach ebenso wichtig wie das Internet. Gleichwohl erhält der Kläger für den Nutzungsausfall keinen Schadensersatz, denn da er in der entsprechenden Zeit die Gespräche per Mobilfunk abwickelte, war ein solcher gar nicht nötig – die Mehrkosten waren hier nämlich konkret bezifferbar.

Wie hoch nun der Schaden konkret ist, den der Kläger durch den Ausfall seines DSL-Anschlusses erlitten hat, dazu hat sich der Senat nicht explizit geäußert. Er weist jedoch darauf hin, dass der Kläger "einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären, bereinigt um die auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbwirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren". Das Landgericht Koblenz, an welches der Bundesgerichtshof die Sache zur endgültigen Entscheidung zurückverwiesen hat, muss nun unter Berücksichtigung der Rechtsaufassung des Senats ein endgültiges Urteil hierüber fällen. Bedenkt man jedoch den Wettkampf der Marktteilnehmer und reduziert die Preise um die angegebenen Faktoren, so ist allemal fraglich, ob der Kläger noch mit einer nennenswerten Schadensersatzzahlung rechnen kann. Jedenfalls aber hat er es geschafft, mit seiner Klage Rechtsgeschichte zu schreiben und ein Urteil von besonderer Symbolkraft erwirkt.

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