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Keine zwingenden Datenfilter in Sozialen Netzwerken

Europäischer Gerichtshof: Entscheidung vom 16.02.2012 – Aktenzeichen C 360/10

Urheberrechtsverstöße in Sozialen Netzwerken

In sozialen Netzwerken werden häufig Daten hin- und hergeschoben. Dabei kann es auch zu illegalen Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken kommen. 
 
Die belgische Musikrechtevereinigung Sabam hatte gegen das soziale Netzwerk Netlog in den Niederlanden geklagt. Sabam hatte gefordert, dass elektronische Filter eingesetzt werden, um zu verhindern, dass über das Netzwerk Netlog illegal Musik- und Filmwerke ausgetauscht werden. Dadurch sollten die Urheberrechte der bei Sabam vereinigten Künstler, Autoren und Herausgebern geschützt werden.
 
Bei Netlog handelt es sich nach Angaben des Unternehmens um ein soziales Netzwerk mit mehr als 95 Millionen Mitglieder, die dort persönliche Profile erstellen, miteinander in Kontakt treten und auch Daten austauschen können. Täglich nutzen mehr als 10 Millionen User diese Plattform. Sabam ist in seiner Klage davon ausgegangen, dass auch urheberrechtlich geschützte Werke über dieses soziale Netzwerk illegal ausgetauscht werden.

Müssen Provider Filtersysteme verwenden?

Die Vorlage des mit diesem Sachverhalt beschäftigten Gerichts an den EuGH drehte sich im Kern darum, ob ein Hosting-Anbieter zur Einrichtung eines Filtersystems verpflichtet werden kann.
 
Ein solches Filtersystem, der von den Nutzern seiner Dienste auf seinen Servern gespeicherten Informationen, das unterschiedslos auf alle diese Nutzer anwendbar ist, wäre präventiv, allein auf eigene Kosten und zeitlich unbegrenzt vom Hosting Anbieter einzurichten. Dadurch ließen sich Dateien ermitteln, die musikalische, filmische oder audiovisuelle Werke enthalten, um Verstöße gegen das Urheberrecht im Vorfeld zu verhindern. 
 
Bereits in einem früheren Urteil (Urteil Scarlett extended) hatte der EuGH entschieden, dass es Hosting-Anbietern verboten sei, sämtliche Daten jedes seiner Kunden aktiv zu überwachen, um jeder künftigen Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen.
 
In seinem neuesten Urteil vom Februar 2012 führt der EuGH aus:
 
Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in redestehende Anordnung, mit der dem Hosting-Anbieter aufgegeben würde, das streitige Filtersystem einzurichten, ihm zu einer aktiven Überwachung sämtlicher Daten jedes Nutzers seiner Dienste verpflichten würden, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen.
 
In diesem Zusammenhang steht fest, dass die Einführung des Filtersystems bedeuten würde,
 
dass der Hosting-Anbieter zunächst unter sämtlichen Dateien, die von den Nutzern seiner Dienste auf seinen Servern gespeichert werden, die Dateien ermittelt, die Werke enthalten können, an denen Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums Rechte zu haben behaupten,
 
dass er sodann ermittelt, welche diese Dateien in unzulässiger Weise gespeichert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, und
 
-  dass er schließlich die zur Verfügungsstellung von Dateien, die er als unzulässig eingestuft hat, blockiert.
 
Somit würde eine solche präventive Überwachung eine aktive Beobachtung der von den Nutzern bei den Hosting-Anbietern gespeicherten Dateien erfordern, und sie würde sowohl fast alle auf diese Weise gespeicherten Informationen, als auch sämtliche Nutzer der Dienste dieses Anbieters betreffen.“

Filtersystem und Datenschutz

Die Verpflichtung ein Filtersystem einzurichten, würde die unternehmerische Freiheit des Hosting-Anbieters erheblich beeinträchtigen, da sie ihn verpflichten würde, ein kompliziertes kostspieliges Filtersystem einzurichten. Außerdem wären auch die Grundrechte der Nutzer solcher sozialen Netzwerke massiv beeinträchtigt. Denn Datenfilter würden die Rechte auf den Schutz ersonenbezogener Daten beeinträchtigen.
 
Hierzu führt das Gericht aus: 
 
Die Anordnung, dass streitige Filtersystem einzurichten, würde nämlich zum einem die Ermittlung, systematische Prüfung und Verarbeitung der Informationen in Bezug auf die auf den sozialen Netzwerk von dessen Nutzern geschaffenen Profile bedeuten, wobei es sich bei den Informationen in Bezug auf diese Profile um geschützte personenbezogene Daten handelt, da sie grundsätzlich die Identifizierung der genannten Nutzer ermöglichen.
 
Zum anderen könnte die fragliche Anordnung die Informationsfreiheit beeinträchtigen, weil die Gefahr bestünde, dass das System nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen und einem zulässigen Inhalt unterscheiden kann, sodass sein Einsatz zur Sperrung von Kommunikationen mit zulässigen Inhalt führen könnte.“
 
Weil solche elektronischen Filtersysteme also zu einer präventiven Überwachung und Identifizierung der User führen könnten, würden die Rechte der User auf den Schutz personenbezogener Daten und auf freie Information verletzt werden. Diese Rechte sind aber ausdrücklich durch die Charta der Grundrechte der europäischen Union geschützt.

Fazit

Inwiefern dieses Urteil des EuGH auf die aktuelle Diskussion rund um den internationalne Schutz des Urheberrechts Einfluss haben könnte, bleibt abzuwarten. Datenschützer befürchten, dass zur Bekämpfung von Produktfälschungen eine Überwachung des Datenverkehrs durch Provider erreicht werden soll. Solch umfassenden Datenüberwachungen der Provider und der Internetdienstanbieter steht das neue EuGH Urteil nun aber eindeutig entgegen.
 
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) reagierte erfreut auf dieses EuGH-Urteil. Dieses Urteil sei „eine endgültige Absage an die Forderung nach Systemen, mit denen Provider zur Überwachung ihrer Kundendaten gezwungen werden sollen“, und es werde bestätigt „dass Hosting-Provider nicht für Inhalte haften, von denen sie keine Kenntnis haben.“
 
Die Entscheidung des EuGH dürfte auch einige Urteile deutscher Gerichte zur Einrichtung solcher elektronischen Filter auf den Prüfstand stellen.
 
Insbesondere das Verfahren der GEMA Verwertungsgesellschaft gegen die beliebte Plattform Youtube könnten von diesem EuGH Urteil beeinflusst werden. Die GEMA verlangt von Youtube die grundsätzliche Verpflichtung, kein urheberrechtlich geschütztes Material anzubieten. Auch für Youtube würde eine solche Regelung eine umfassende Kontrolle aller zur Verfügung gestellten Videos bedeuten. Solche präventiven Überwachungsmaßnahmen werden in Zukunft von den Betreibern eines Internetportals kaum noch verlangt werden können. 
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