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Zum Urheberrecht an Bildern

Was hat der Eiffelturm mit Schlangen und Torten gemeinsam? Auf den ersten Blick gar nichts. Doch beides, genauer gesagt Fotos davon, waren mehrfach Anlass für Abmahnungen. Die Abmahnung, ein klassisches Institut des Urheberrechts, ist in den letzten Jahren zu einem leidigen Thema im Internet geworden – üblicherweise im Zusammenhang mit dem unerlaubten Verbreiten und Nutzen von urheberrechtlich geschützten Film- und Musikwerken. Nicht selten wird (nicht zuletzt in Kreisen Betroffener) von einer regelrechten Abmahnindustrie gesprochen. Gemeint ist damit ein Konglomerat von Anwälten, Rechteinhabern und Firmen, die sich auf die Verfolgung und Abmahnung von „echten“ und vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen spezialisiert haben.

Besonderen Unmut zog kürzlich eine britische Konditorin auf sich, die eine ihrer Torten mit einer täuschend echt erscheinenden Marzipanschlange schmückte. Sie verkaufte die Bildrechte an eine Bildagentur und verbreitete Bilder der Torte über ihr Facebook-Profil. Von dort fand das Bild seinen Weg in einige deutsche Blogs. Deren Betreiber erhielten schließlich unerfreuliche Post vom Anwalt – die Agentur verlangt Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Rechte an dem Bild, der Anwalt seine Kosten.

Während sich zwischenzeitlich wohl bei vielen Internetnutzern die Erkenntnis durchgesetzt haben dürfte, dass beim vermeintlich kostenfreien Genuss von Filmen und Musik im Netz mindestens Vorsicht geboten sein sollte, herrscht bei der Verbreitung von Bildern noch weitgehend Unachtsamkeit – schließlich ist gerade in sozialen Netzwerken das „Teilen“ von Inhalten eines der wesentlichen „features“. Auch die Präsentation der Urlaubsfotos im digitalen Fotoalbum ist beliebt. Wer aber nach dem Urlaub in Paris die Daheimgebliebenen mit dem Foto vom Eiffelturm bei Nacht beeindrucken möchte, riskiert ebenfalls eine Abmahnung, denn die Urheberrechte für die nächtliche Beleuchtung liegen bei der Betreibergesellschaft SETE (Société d’Exploitation de la Tour Eiffel). Wer ohne ihr Einverständnis Bilder der nächtlichen Beleuchtung (nur sie ist geschützt) verbreitet, verletzt ihre Bildrechte.

Sowohl das Tortenbild als auch das Foto des Eiffelturms können urheberrechtlich relevant sein, jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm, oder allgemeiner gesprochen: Werke der bildenden Künste überhaupt, fallen in Deutschland unter die Regelung des § 59 UrhG, der Panoramafreiheit. Sie beschränkt das Urheberrecht von Werken an öffentlichen Plätzen. Wegen ihrer Platzierung im öffentlichen Raum werden sie als der Allgemeinheit gewidmet gesehen. Weil die Werke allen zugute kommen soll, ist es allen erlaubt, Abbildungen davon zu verbreiten. Voraussetzung ist jedoch, dass das Motiv frei zugänglich ist und sich bleibend im öffentlichen Raum befinden soll. Deswegen war etwa der verhüllte Reichstag nicht von der Panoramafreiheit erfasst. Zwar war er frei zugänglich, sollte aber nicht dauerhaft verhüllt bleiben.

Die Beleuchtung des Eiffelturms würde in Deutschland unter die Panoramafreiheit fallen; vorausgesetzt ist jedoch, dass es sich nicht um eine besondere Gestaltung von nur vorübergehender Dauer handelt. Die Verletzung der Bildrechte kann die französische Betreibergesellschaft übrigens auch vor deutschen Gerichten geltend machen. Die deutsche Rechtsprechung folgt derzeit allerdings noch dem Schutzlandprinzip, d.h. sie wendet das Recht desjenigen Landes an, für das Schutz beansprucht wird, so dass der Fall des Eiffelturms bei Nacht im Zweifel nach deutschem Recht entschieden würde und die Panoramafreiheit des § 59 UrhG berücksichtigt werden müsste.

Der Fall der Schlangentorte ist dagegen anders gelagert. Die Konditorin hat ihr Recht am Bild (§§ 7, 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) an eine Bildagentur übertragen. Damit steht die Agentur, abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Vertrags, nahezu gleichberechtigt neben dem Urheber und kann dementsprechend Rechtsverletzungen ahnden. Grundlage ist regelmäßig § 97 UrhG, wonach der Rechteinhaber Unterlassung oder Schadensersatz verlangen kann. Da es aber schwer ist, den Schaden, der durch eine unerlaubte Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes entsteht, exakt zu beziffern, hat sich die Schadensbemessung nach der sog. Lizenzanalogie etabliert: Der Rechteinhaber rechnet analog zu einem gedachten Lizenzvertrag mit dem Schädiger ab und verlangt die Lizenzgebühr, die üblicherweise vereinbart worden wäre.

Man mag trefflich darüber streiten, ob die Geltendmachung solcher Ansprüche die Netzkultur bedroht oder ob die Interessen der Nutzer den Interessen der Rechteinhaber und -verwerter untergeordnet werden. Von der Idee her ist die Abmahnung ein praktisches und faires Instrument, da sie regelmäßig günstiger als ein Gerichtsverfahren ist und mit einer Unterlassenserklärung weitere Rechtsverstöße für die Zukunft effektiv unterbunden werden können. Damit wird im Idealfall auch für den Abgemahnten Rechtssicherheit geschaffen, weil er genau weiß, welches Verhalten zukünftig strafbewehrt ist. Sie kann allerdings auch leicht missbraucht werden und wird dann zum lukrativen Geschäftsmodell für Anwälte mit zweifelhaftem Ruf und deren Auftraggeber. Der sicherste Schutz vor dieser „Abmahnindustrie“ ist nicht erst der Gang zum Rechtsanwalt, sondern umsichtiges Verhalten im Netz. Das Internet ist eben gerade kein rechtsfreier Raum.

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