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Gesetzesinitiative für offenes Internet

Digitale Gesellschaft e.V. fordert Gesetzesänderung des § 8 TMG - offene Netze für alle?

Wer sein heimisches WLAN (Wireless Local Area Network, also ein drahtloses Netzwerk) nicht vor unbefugtem Zugriff sichert, oder wer gar bewusst ein offenes WLAN einrichtet und anderen erlaubt, dieses mitzubenutzen, kann schnell böse Überraschungen erleben. Diese Erfahrung haben auch schon Gastronomen in Nürnberg gemacht, von denen Schadensersatz und Anwaltskosten gefordert wurden, weil Gäste Lieder über das Hotel-Netzwerk illegal heruntergeladen hatten.

Gerade Cafés und andere Gastronomiebetriebe bieten als zusätzlichen Service zunehmend einen WLAN Zugang für ihre Gäste. Da es allerdings einigen technischen Aufwands bedarf, der Kundschaft den Zugriff auf möglicherweise illegale Inhalte zu versperren, müssen viele Gastronomen entweder darauf hoffen, dass sich ihre Kundschaft ans Gesetz hält, oder sie gehen den sichersten Weg und verzichten auf den zusätzlichen Service. Beide Lösungen sind unbefriedigend. 

Die Rechtslage ist hier, wie so oft im Bereich des Internetrechts, noch nicht abschließend geklärt. Zwar gibt es eine grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu diesem Thema aus dem Jahr 2010 ("Sommer unseres Lebens" - BGH I ZR 121/08), jedoch sind Umfang und Reichweite der Pflichten der WLAN-Betreiber nach wie vor unscharf. Das OLG Köln (Entscheidung vom 16.05.2012 - 6 U 239/11) urteilte jüngst etwa, dass der Anschlussinhaber, der seinem Ehegatten ein Mitbenutzungsrecht am heimischen Anschluss einräume, nicht grundsätzlich für dessen strafrechtlich relevantes Verhalten hafte. Gleichwohl hat das OLG ausdrücklich die Möglichkeit der Revision zum BGH offen gelassen, weil eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema immer noch ausstehe.

Der BGH hatte in seinem Urteil aus dem Jahr 2010 unter anderem entschieden, dass eine Vermutung dafür spreche, dass der Anschlussinhaber für die unter der Anschlussnummer begangenen Handlungen hafte. Wird also von einer bestimmten IP-Adresse aus eine Urheberrechtsverletzung begangen, so wird vermutet, dass derjenige diese Handlung vorgenommen hat, auf den der Anschluss angemeldet ist. Gleichzeitig kann sich der Anschlussinhaber entlasten und dieser Haftung entziehen, wenn er glaubhaft nachweisen kann, dass zur Tatzeit eine andere Person den Zugang genutzt hat (der BGH spricht hier von einer sog. sekundären Darlegungslast). Gleichzeitig entschied der Bundesgerichtshof aber auch, dass derjenige, der einen WLAN Zugang betreibt, "ohne die auch im privaten Gebrauch verkehrsüblichen und zumutbaren Zugangssicherungen" vorzunehmen, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Er haftet damit als sog. Störer. In der Konsequenz bedeutet das also, dass derjenige, der nachweisen kann, dass nicht er, sondern ein anderer eine Urheberrechtsverletzung begangen hat, zwar nicht verpflichtet ist, Schadensersatz zu zahlen, gleichwohl aber verpflichtet werden kann, dafür zu sorgen, dass von seinem Anschluss aus Dritte keine weiteren Urheberrechtsverletzungen begehen.

Der Anschlussinhaber, der jegliches Risiko ausschließen möchte und nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden will, hat also dafür zu sorgen, dass Dritte gar nicht erst auf sein Netzwerk zugreifen können. Daher kann es nach der Auffassung des BGH auch Privatpersonen zugemutet werden, ihr Netzwerk vor Inbetriebnahme entsprechend abzusichern. Von technischen Laien kann aber natürlich nicht verlangt werden, stets auf dem neuesten Stand der Netzwerksicherheit zu sein. Es genügt daher, wenn "jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam" eingesetzt werden. Die Folge davon sind verschlüsselte Netzwerke, denn den unkalkulierbaren Haftungsrisiken will sich schließlich kaum jemand aussetzen.

Was für Privatleute durchaus praktikabel erscheint, ist für oben angesprochene Gastronomen aber gar nicht so einfach zu handhaben. Denn natürlich können sie ihre Anschlüsse nach außen hin absichern, aber wenn sie sich der Haftung für das Verhalten ihrer Gäste entziehen wollen, müssten sie genau darüber Buch führen, wer wann und wie lange in ihrem Netzwerk welche Seiten aufgerufen hat. Genauso wenig können etwa Hausgemeinschaften oder Nachbarschaftsinitiativen ohne Weiteres ein gemeinsames Netzwerk errichten und sich den Zugang teilen. Und selbst wenn sie sich entlasten und somit der Schadensersatzzahlung entziehen können, können sie immer noch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Auch wenn die Anwaltskosten für die erste Mahnung in §97a Abs. 2 UrhG auf 100 € festgesetzt sind, werden diese in der Praxis doch häufig überschritten. Der Betrieb eines WLAN für Gäste birgt also insgesamt hohe Risiken.

An diesem Punkt setzt nun eine Gesetzesinitiative des Vereins Digitale Gesellschaft an, die darauf abzielt, das Telemediengesetz (TMG), dass unter anderem die Haftung der Internetprovider regelt, zu ändern. Internetprovider stehen nämlich, natürlich in einem vielfach größeren Maße, vor den gleichen Problemen wie die oben angesprochenen Netzwerkbetreiber. Sie stellen eine Infrastruktur zur Verfügung über die andere Menschen Zugang zum Netz erhalten. Damit aber die Provider nicht für das Verhalten ihrer Nutzer haften müssen, sind sie in § 8 TMG von der Haftung grundsätzlich freigestellt. Mit einer Ergänzung des § 8 TMG könnten nun aber auch gewerbliche (z.B. Gastronomen) und nichtgewerbliche (z.B. Hausgemeinschaften) Betreiber von Funknetzwerken von der Haftung freigestellt werden. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass die Betreiber ebenfalls nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können. Eine entsprechende Umsetzung des Entwurfes würde also die nötige Rechtssicherheit und -klarheit schaffen, die der BGH bis dato nicht geschaffen hat.

Bis es soweit ist, kann also nur geraten werden, vorsichtig zu sein. Den WLAN-Router sollten Sie mit einem "guten" Passwort sichern und die dazugehörige Software auf dem Laufenden halten.

Aktuelle Ergänzung:

Mittlerweile hat das Landgericht München I Bewegung in die Diskussion gebracht. Ausgangspunkt des Verfahrens war der Streit zwischen zwei Unternehmen, die öffentliche WLAN-Netzwerke an Flughäfen, Bahnhöfen und ähnlichen Plätzen, aber auch in Gaststätten und Hotels betreiben, sog. Hotspots. Mit seinem rechtskräftigen Urteil vom 12.01.2012, 17 HK O 1398/11, stellt das Gericht klar, dass derzeit keine gesetzliche Verpflichtung für die Anbieter eines solchen Services besteht, die Daten der Nutzer zu speichern. Dies liegt aber vor allem auch daran, dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 02.03.2010, 1 BvR256/08, die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärte. Das Landgericht weist dementsprechend darauf hin, dass, sobald eine gesetzeskonforme Regelung hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung gefunden wird, die Nutzerdaten auch entsprechend gespeichert werden müssten. Darüber hinaus äußerte sich das Gericht nicht zur Frage der oben beschriebenen Störerhaftung. Wo aber der eigentlich verantwortliche Nutzer nicht identifiziert werden kann, wird es dem Betreiber des Netzwerkes aber auch nicht gelingen, seiner sekundären Darlegungslast nachzukommen. Im Ergebnis wird also regelmäßig der Betreiber des Netzwerkes für mögliches Fehlverhalten seiner Kunden haften.

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